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Wann ist ein Steuerstundungsmodell gegeben?

16.12.2019
Wann ist ein Steuerstundungsmodell gegeben?

Ausweislich der einkommensteuerlichen Vorschriften in § 15 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) dürfen Verluste im Zusammenhang mit einem sogenannten Steuerstundungsmodell weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden. Es besteht also ein durchaus umfangreiches Verlustausgleichsverbot. Entsprechende Verluste dürfen auch nicht im Rahmen des Verlustabzugs nach § 10 d EStG abgezogen werden. Das Gesetz sieht insoweit lediglich eine einzige Verlustnutzungsmöglichkeit vor: Die Verluste mindern die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben Einkunftsquelle erzielt.

Im Hinblick auf diesen strengen Umgang mit entsprechenden Verlusten ist es von entscheidender Bedeutung, was denn überhaupt ein entsprechendes Steuerstundungsmodell ist. Ein solches Steuerstundungsmodell liegt ausweislich der gesetzlichen Regelung vor, wenn aufgrund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen. Dies ist immer dann der Fall, wenn dem Steuerpflichtigen aufgrund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit geboten werden soll, zumindest in der Anfangsphase der Investitionen Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen. Dabei ist es ausweislich des Gesetzestextes ohne Belang, auf welchen Vorschriften die negativen Einkünfte beruhen. Wenn in der Sache ein Steuerstundungsmodell gegeben ist, ist im Wege einer wertenden Gesamtbetrachtung der entsprechenden Einzelfallumstände zu ermitteln.

Nötig erscheint an dieser Stelle eine kurze Subsumtion der Vorschrift und ihrer Tatbestandsmerkmale. Für eine entsprechende Annahme einer modellhaften Gestaltung ist zunächst einmal ein vorgefertigtes Konzept erforderlich. Dieses muss bezogen auf den Geschäftsgegenstand der Gesellschaft sowie auf ihre Konstruktion bereits vor der eigentlichen Investitionsentscheidung durch den oder die Initiatoren festgelegt worden sein. Da es sich dabei in der Praxis regelmäßig um entsprechende Anlegerprospekte handelt, ist dieses Tatbestandsmerkmal regelmäßig nicht streitbefangen.

Weiterhin ist jedoch Voraussetzung für ein Steuerstundungsmodell, dass aufgrund der modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen. Dazu muss der Initiator das vorgefertigte Konzept auf die Erzielung negativer Einkünfte ausrichten, sodass der wirtschaftliche Erfolg des Konzeptes auf entsprechenden Steuervorteilen aufbaut. Im Vordergrund stehen muss die Erzielung negativer Einkünfte allerdings nicht. Ebenso ist es nicht erforderlich für das Vorhandensein eines Steuerstundungsmodells, dass der Anbieter im Rahmen des Konzeptvertriebs mit den entsprechenden Steuervorteilen positiv wirkt.

Weiterhin ist es schon ausweislich des Gesetzestextes irrelevant, auf welchen Vorschriften die negativen Einkünfte beruhen. Insoweit kann ein Steuerstundungsmodell auch gegeben sein, wenn die prognostizierten Verluste auf gesetzlichen Abschreibungsmethoden wie beispielsweise der degressiven Abschreibung oder der Sonderabschreibung beruhen. Insoweit schließt sich der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 06.06.2019 unter dem Aktenzeichen IV R 7/16 an dieser Stelle leider nicht der häufig im Schrifttum vertretenen Meinung an, wonach prognostizierte Verluste, die auf gesetzlichen Abschreibungsmethoden beruhen, nicht zu einem Steuerstundungsmodell führen können. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs kann sehr wohl auch in solchen Fällen ein Steuerstundungsmodell gegeben sein.

Im Urteilssachverhalt ging es dabei konkret um die Errichtung eines Betriebs von Biogasanlagen in der Rechtsform einer GmbH und Co. KG, an der rund 350 Klein- und Kleinstanleger beteiligt waren. In diesem Zusammenhang ist ausweislich der Begründung der vorliegenden Entscheidung des Bundesfinanzhofs herauszuarbeiten, dass es für das Vorliegen (oder das Nichtvorliegen) eines Steuerstundungsmodells auch nicht darauf ankommt, dass es sich um eine betriebswirtschaftlich nicht oder nur wenig sinnvolle Investition handelt und die Investitionsgründe auf einer ganz anderen (hier umweltpolitischen) Motivation beruhen.

Hinweis:    Soweit ersichtlich, hat der Bundesfinanzhof mit diesem Urteil die Grenzen eines Steuerstundungsmodells zum ersten Mal im Sinne der Finanzverwaltung erweitert. Bisher hatte an dieser Stelle eine durchaus restriktive Auslegung der Vorschrift geherrscht. So beispielsweise im Urteil vom 17.01.2017 unter dem Aktenzeichen VIII R 7/13. Darin hatte der Bundesfinanzhof nämlich klargemacht, dass ein Steuerstundungsmodell nur dann gegeben sein kann, wenn auch tatsächlich auf ein vorgefertigtes Konzept zurückgegriffen wird. Das bloße Aufgreifen einer bekannten Gestaltungsidee führt insoweit nicht ohne weiteres zur Annahme eines Steuerstundungsmodells.

Folglich muss das vorgefertigte Konzept von einer vom Steuerpflichtigen verschiedenen Person, wie einem Anbieter oder Initiator, erstellt worden sein. Charakteristisch ist insoweit die Passivität des Investors oder Anlegers.

Klar und deutlich grenzt der Bundesfinanzhof in seiner damaligen Entscheidung ab: Setzt der Investor oder Anleger eine von ihm selbst oder dem in seinem Auftrag tätigen Berater entwickelte oder modifizierte und individuell angepasste Investition um, liegt kein vorgefertigtes Konzept und damit auch kein Steuerstundungsmodell im Sinne der einkommensteuerlichen Regelungen des § 15 b EStG vor.

Beruhen nämlich Investitionen nicht auf einem vorgefertigten Konzept, sondern auf einer individuellen Gestaltung, so sind sie weder von der Regelung des § 15 b EStG erfasst, noch als vom Gesetz missbilligte Gestaltung im Sinne des Gestaltungsmissbrauchs nach § 42 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) zur Vermeidung der Verlustberechnungsmöglichkeiten des § 15 b EStG anzusehen.

Quelle: Steuerlex - Mandantenbrief Dezember 2019

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